Unser Gutshof

2019 haben wir Jubiläum gefeiert  – unser Familienbetrieb wurde 100 Jahre alt. Grund genug einmal ein wenig in die Geschichte des Gut Rothschwaige einzutauchen.

Bevor unser Urgroßvater den Hof 1919 erwarb, durchlebte dieser innerhalb von 19 Jahren einen zwölfmaligen Besitzerwechsel.

Ursprünglich war das Anwesen als Wirtshaus eines Münchner Brauereibesitzers erbaut worden. Aus der Zeit des Biergartens ist bis heute die alte Kastanie im Garten übrig geblieben. Bald rückte die Bewirtschaftung der Flächen in den Vordergrund, es wurde ein reiner Landwirtschaftsbetrieb. Im Jahr 1919 kaufte unser Urgroßvater, Peter-Paul Winkler aus der Pfalz, das Anwesen. Er träumte davon, Landwirt zu sein und ließ sich auch von den 12 Besitzerwechseln innerhalb von 19 Jahren vor ihm nicht abschrecken. Grund für die erfolglosen Versuche, eine blühende Landwirtschaft aufzubauen waren die moorigen, kalkhaltigen Böden mit einem hohen Grundwasserspiegel.

Das erste Bild des Hofes von 1908 zeigt noch den Eingang zur Gaststätte.

Unsere Großmutter Trudl Kauppe vor dem alten Bienenhaus

Elisabeth und Peter Paul Winkler mit ihrer ältesten Tochter

Die Anfangsjahre sind nicht leicht, die Pflanzen wollen in den moorigen Böden nicht recht gedeihen. Er legt die zahlreichen, verstreuten Kleinflächen zusammen, gründet eine Entwässerungsgenossenschaft, führt den Ackerbau ein und baut einen Vorzeigebetrieb auf, der in Fachzeitschriften lobend erwähnt wird – bis sich Ende der zwanziger Jahre existenzbedrohende Missernten und Tierkrankheiten einstellen. Großvater Winkler erforscht das Problem und seine Vermutung bestätigt sich: es fehlt das Spurenelement Mangan. 1958 erhält er für seine landwirtschaftlichen Verdienste das Bundesverdienstkreuz. Trotz wissenschaftlichem Fortschritt bleibt das Erhalten des Betriebes schwierig. Zwischen 1933 und 1935 steht der Hof mehrfach kurz vor der Zwangsversteigerung.

1921 wird unsere Großmutter als jüngste von drei Mädchen geboren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gerät der Hof erneut in den Mahlstrom der Geschichte. Die amerikanische Militärregierung verfügt, dass der Betrieb zur landwirtschaftlichen Ausbildung junger jüdischer Holocaust-Überlebender (Hachscharah) beschlagnahmt wird: von 1946 bis 1948 gibt es hier den Kibbuz Nizanim, der von einem Treuhänder verwaltet wird.
Die jüngste Winkler-Tochter Gertrud heiratet 1947 Dr. Rudolf Kauppe, Leiter der Moorversuchsstelle Plattling. Die beiden übernehmen gemeinsam den Betrieb. Der Hof ist heruntergekommen, es steht noch eine einzige Kuh im Stall. Auch die zweite Generation fängt genau wie ihre Vorgänger wieder bei Null an.

Doch die harte Arbeit zahlt sich aus. Die beiden können eine Schwarzbunte Milchviehherde aus Norddeutschland kaufen – und man wagt sich an eine neue Kulturpflanze: die Zuckerrübe.

Rudi Kauppe präsentiert stolz die ersten Rüben

Wolfgang Offenbeck mit der kleinen Anna

Ein Versuch der Pilzkultur auf Strohballen im Garten erwies sich schnell als Fehlschlag, während die auf den Hofacker gepflanzten Selbstpflück-Erdbeeren zum Erfolg wurden.

Das Paar bringt 5 Töchter zur Welt: Christl, Lia, Hanne, Bärbel und Susi. Und auch wenn der männliche Nachfolger ausbleibt geht die Geschichte weiter. Wie schon zuvor tritt die jüngste Tochter, Susanne, in die Fußstapfen ihrer Eltern.

 

Auch für die nächste Generation ist es ein Start ins Ungewisse: Wolfgang, Susannes Partner, ist bereits verbeamteter Gymnasiallehrer. Er entscheidet sich mit Anfang 30 für die gemeinsame Zukunft nochmal ganz von vorne mit einer landwirtschaftlichen Ausbildung anzufangen.

Angesichts der sich verschlechternden Erzeugerpreise im Ackerbau war schnell klar, das ein neues Standbein her musste. Die ersten Versuche mit Erdbeeren zum Selberpflücken fruchteten – im Gegensatz zu den Experimenten mit Pilzkulturen auf Strohballen. Der „Beerengarten Rothschwaige“ war geboren und wuchs von anfangs 1,5 ha Erdbeeren im Laufe der Jahre auf 15 ha.
1993 kamen Himbeeren, 2001 Johannisbeeren und 2016, als Ergebnis von Pauls Meisterarbeit, Heidelbeeren dazu. Daneben bauen wir weiterhin Zuckerrüben, Futter- und Braugerste und Backweizen an. 

Wolfgang, Paul und Susanne Offenbeck am Erdbeerstand

Die vierte Generation steht schon in den Startlöchern: unsere Kinder Anna,
Theresa und Paul.
Anna arbeitet außerhalb der Landwirtschaft, aber kümmert sich in den Sommermonaten um die Verpflegung der Beeren-Mannschaft.
Die mittlere Tochter, Theresa, arbeitet 20% auf dem Betrieb mit und ist für das neue Logo und die Etiketten, die Homepage und Social Media verantwortlich.

Paul, unser Jüngster, hat 2017 seinen Landwirtschaftsmeister gemacht und wird das Gut Rothschwaige weiterführen. Schon als kleiner Bub war er mit Begeisterung bei allen Feldarbeiten mit dabei und konnte sich noch nie einen anderen Beruf vorstellen.

100 Jahre nach dem Beginn unserer Familiengeschichte in der Rothschwaige warten neue Herausforderungen und Chancen auf die Urenkelgeneration. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen in ein neues Jahrhundert Gut Rothschwaige zu starten.

Der Beerengarten im Bayerischen Fernsehen